Zulassung ausländischer Waren zu staatlichen und kommunalen Ausschreibungen: neue Vorschriften seit 1. Mai 2020

Recht Russland

von Marina Yankovskaya, Rödl & Partner Moskau

Vereinheitlichung der Verbote

Die russische Regierung hat die Verbote für die Beschaffung ausländischer Waren für staatliche und kommunale Bedürfnisse (unter anderem für die Landesverteidigung und Staatssicherheit) vereinheitlicht und angepasst.

Inhalt der Änderung

Durch Regierungserlass Nr. 616[1] wurde das Verzeichnis der Waren bestätigt, für die das Verbot in Übereinstimmung mit dem Föderalen Gesetz Nr. 44-FZ gilt[2]. Dieses Verzeichnis ersetzt die bisher geltenden, durch gesonderte Regierungserlässe für bestimmte Industriebereiche (Leichtindustrie, Möbel und Holzverarbeitung, Werkzeugmaschinenbau und Maschinenbau) festgelegten Warenlisten.

Das neue Verzeichnis hat die bisherigen Listen zusammengefasst und geändert: manche Waren wurden vom Verbot ausgenommen, andere neu ins Verzeichnis aufgenommen. So tauchen nun darin elektrische Generatoren und Drehwandler (Kennziffer OKPD2 27.11.3), bestimmte Arten von Telekommunikationsanlagen (Kennziffer OKPD2 26.51.44), bestimmte Lastenkräne (Kennziffer OKPD2 28.22.14.125), Reifen und и Reifenmäntel (Kennziffer OKPD2 21.11.1), sowie Papier und Pappe (Kennziffer OKPD2 17.12) auf.

Das Verbot erstreckt sich auf alle im Verzeichnis aufgeführten Industriewaren, ausgenommen Waren, die in Mitgliedsstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) hergestellt wurden.

Für Beschaffungen in den Bereichen Landesverteidigung und Staatssicherheit gilt das Verbot für alle ausländischen Industriewaren (nicht nur für die im Verzeichnis aufgeführten) sowie für Arbeiten und Leistungen, die von ausländischen Personen ausgeführt werden. Ausgenommen sind auch hier Waren (Arbeiten, Leistungen) aus EAWU-Mitgliedsstaaten. Unter Beschaffungen für Zwecke der Landesverteidigung und Staatssicherheit sind Beschaffungen zu verstehen, die für die Umsetzung von staatlichen Programmen der Russischen Föderation, staatlichen Rüstungsprogrammen und anderen Maßnahmen im Rahmen des staatlichen Verteidigungsauftrages getätigt werden.

Die Verbote gelten auch für Waren, die im Zuge der Ausführung beschafften Arbeiten (Leistungen) geliefert werden, außerdem für Miet- und Leasingobjekte.

Eine zusätzliche Anforderung für die Beschaffung von Waren aus den Punkten 1 bis 7, 124 und 125 des Verzeichnisses[3] ist die Verwendung von Materialien und Vorprodukten bei deren Herstellung (Ausführung von Arbeiten und Erbringung von Leistungen), deren Herkunftsland die Russische Föderation und/oder ein Mitgliedsstaat der EAWU ist. Diese Anforderung gilt jedoch nicht, wenn solche Waren, Materialien und Vorprodukte in der Russischen Föderation und/oder der EAWU nicht hergestellt werden. Dokumente, die das Herkunftsland dieser Waren bestätigen, sind vom Lieferanten (Auftragnehmer) im Zuge der Vertragserfüllung in der vorgeschriebenen Form vorzulegen.

Die Verbote werden nicht angewendet, wenn:

1) die Industrieware in der Russischen Föderation nicht produziert wird;

Das Fehlen einer solchen Produktion ist nachzuweisen:

Ø Für Waren aus dem Verzeichnis: durch die Genehmigung zur Beschaffung ausländischer Waren, erstellt in dem durch das Ministerium für Industrie und Handel der Russischen Föderation vorgeschriebenen Verfahren. Das Ministerium für Industrie und Handel muss das Verfahren zur Erteilung derartiger Genehmigungen innerhalb eines Monats ab Verabschiedung des Erlasses Nr. 616 bestätigen.

Ø Für andere Waren, die nicht im Verzeichnis aufgeführt sind, sowie für Arbeiten und Leistungen, die für Zwecke der Landesverteidigung und der Staatssicherheit erworben werden: durch den Auftraggeber selbst.

2) Der Preis einer Wareneinheit beträgt maximal 100.000 RUB, und der Gesamtwert der Waren beträgt maximal 1 Mio. RUB. Diese Ausnahme gilt nicht für Waren in den Punkten 1 bis 7, 124 und 125 des Verzeichnisses;

3) Die Funktionsfähigkeit mit anderen vom Auftraggeber verwendeten Waren muss gewährleistet werden (vor dem Hintergrund ihrer Unvereinbarkeit mit Waren anderer Marken). Diese Ausnahme gilt nicht für Waren in den Punkten 67 bis 71 des Verzeichnisses;

4) Beschaffung von Ersatzteilen und Verbrauchsmaterialien für Anlagen des Auftraggebers in Übereinstimmung mit der technischen Dokumentation für diese Anlagen. Diese Ausnahme gilt nicht für Waren in den Punkten 47 bis 51 des Verzeichnisses;

5) Die Beschaffung erfolgt durch den Föderalen Sicherheitsdienst, den Föderalen Wachdienst, die Auslandsaufklärung, Organe der Auslandsaufklärung des Verteidigungsministeriums, das Innenministerium, den Föderalen Dienst der Streitkräfte der Nationalgarde, die Präsidialverwaltung, die Hauptverwaltung der Spezialprogramme des Präsidenten der Russischen Föderation. Diese Ausnahme gilt nicht für Waren in den Punkten 1 bis 7, 52 bis 57, 73 bis 75 und 81 des Verzeichnisses. Auf Waren aus den Punkten 47 bis 51 erstreckt sich diese Ausnahme, wenn der Preis einer Wareneinheit maximal 2 Millionen Rubel beträgt;

6) Die Beschaffung erfolgt durch den Föderalen Wachdienst der Russischen Föderation zur Umsetzung von Maßnahmen des Staatsschutzes;

7) Das russische Innenministerium wickelt die Beschaffung von Fahrzeugen für die Gewährleistung der Sicherheit von Objekten des staatlichen Wachschutzes ab.

Wie ist die russische Herkunft zu bestätigen?

Als Bestätigung der Herstellung von Waren (Erzeugnissen) in der Russischen Föderation gilt das Vorliegen von Angaben über die Waren im Register der russischen Industrieerzeugnisse.

Grundlage für die Aufnahme von Erzeugnissen in dieses Register ist eine Stellungnahme des Ministeriums für Industrie und Handel über die Bestätigung der Herstellung von Industrieerzeugnissen in der Russischen Föderation in Übereinstimmung mit dem Erlass Nr. 719[4].

Für Erzeugnisse, für die die Anforderung einer Gesamtpunktzahl für die Ausführung (Erschließung) entsprechender Operationen (Bedingungen) in der Russischen Föderation gilt, muss die Stellungnahme Informationen über die Gesamtpunktzahl enthalten.

Wie ist die Herkunft aus einem EAWU-Staat zu bestätigen?

Als Bestätigung der Herstellung von Erzeugnissen in der Eurasischen Wirtschaftsunion (ausgenommen Waren, die in der Russischen Föderation hergestellt werden) gilt das Vorliegen von Angaben über die Waren im Register der eurasischen Industrieerzeugnisse.

Grundlage für die Eintragung von Waren ins Register der eurasischen Industrieerzeugnisse ist die Übereinstimmung der Erzeugnisse mit den Anforderungen aus der Anlage zum Erlass Nr. 719 sowie mit den Anforderungen für Erzeugnisse „Made in Russia“.

Das Ministerium für Industrie und Handel ist befugt, beide Register zu erstellen und zu führen. Innerhalb eines Monats ab der Verabschiedung des Erlasses Nr. 616 muss das Ministerium für Industrie und Handel das Verfahren zur Erstellung und Führung beider Register und das Verfahren zur Bereitstellung von Auszügen daraus (sowie die Form dieser Auszüge) bestätigen.

Verpflichtung des Beschaffungsteilnehmers zur Bestätigung der Einhaltung der Anforderungen

Ein Beschaffungsteilnehmer muss als Bestandteil seines Antrags einen Auszug aus dem Register der russischen Industrieerzeugnisse oder aus dem Register der eurasischen Industrieerzeugnisse unter Angabe der Nummern der Registereinträge und/oder Informationen über die Gesamtpunktzahl für die Erfüllung der technischen Bedingungen (Operationen) in der Russischen Föderation vorlegen, falls dies durch den Erlass Nr. 719 vorgesehen ist.

Die Informationen über die Registereinträge werden in den Vertrag aufgenommen.

Informationen über Waffen sowie über in die Nutzung übernommene und betriebene Wehr- und Spezialtechnik; über Muster derartiger Technik, die in Übereinstimmung mit der Konstruktionsdokumentation mit einer Kennung nicht unter Q1 entwickelt wurden, sind nicht in das Register der russischen Industrieerzeugnisse aufzunehmen und werden demnach bei Beschaffungen nicht vorgelegt.

Waren, die im Verzeichnis aufgeführt sind, und Waren, die nicht darin aufgeführt sind (mit Ausnahme von Waren für den staatlichen Verteidigungsauftrag) können nicht Gegenstand eines und desselben Vertrages (einer und derselben Partie) sein.

Bei Ausführung des Vertrages ist der Austausch von im Verzeichnis aufgeführten Waren gegen ausländische Waren (ausgenommen Waren aus EAWU-Staaten) nicht zulässig.

Inkrafttreten der Änderungen

Der Erlass Nr. 616 trat zum 1. Mai 2020 in Kraft, wird jedoch nicht auf Beschaffungen angewendet, zu denen bereits Benachrichtigungen im Einheitlichen Informationssystem im Beschaffungsbereich (EIS) veröffentlicht wurden und zu denen bereits vor dem 1. Mai 2020 Einladungen zur Teilnahme versendet wurden, unter anderem zu von Auftraggebern vor dem 1. Mai 2020 abgeschlossenen Verträgen, zu denen Informationen im Vertragsregister eingetragen wurden.

Die Verbote in Bezug auf Automobile und Radfahrzeuge (Punkte 73 bis 75, 83, 109 bis 112) treten zum 1. Juli 2020 in Kraft.

EINSCHRÄNKUNGEN

Durch den Erlass Nr. 617[5] hat die russische Regierung ein neues Verzeichnis von Industriewaren aus dem Ausland festgelegt, für die bei der Beschaffung für staatliche und kommunale Zwecke Einschränkungen gelten.

Inhalt der Änderung

Bislang waren die Einschränkungen für die Zulassung ausländischer Waren zu Beschaffungen durch einzelne Erlasse der russischen Regierung für einige Arten von Funkelektronik, Medikamenten, medizinischen Erzeugnissen, Lebensmitteln, Sportwaffen und Munition festgelegt.

Das neue zusammengefasste und aktualisierte Verzeichnis enthält 174 Kategorien von Waren, für deren Beschaffung der Auftraggeber das Prinzip „Drei sind einer zuviel“ anwendet, also alle Anträge zur Lieferung ausländischer Waren (ausgenommen EAWU-Waren) ablehnt, wenn mindestens zwei Anträge eingereicht wurden, die den Anforderungen der Beschaffungsbenachrichtigung und/oder der Beschaffungsdokumentation entsprechen, die gleichzeitig:

  • Angebote zur Lieferung von Industriewaren aus EAWU-Mitgliedsstaaten enthalten;
  • Keine Angebote zur Lieferung einer und derselben Warenart eines Herstellers oder von Herstellern enthalten, die zur selben Personengruppe gehören (beim Vergleich der Anträge).

Wenn der Antrag nicht abgelehnt wird, werden die Zulassungsbedingungen in Übereinstimmung mit der Anordnung Nr. 126n des russischen Finanzministeriums vom 4. Juni 2018 angewendet[6].

Das Verzeichnis des Regierungserlasses Nr. 617 enthält neue Waren: Notizblöcke und Notizbücher, Bürobedarf aus Plastik sowie aus Papier und Pappe, Wasch- und Reinigungsmittel, Zement.

Außerdem sind Warenpositionen wie Musikinstrumente (22 Positionen); Sportgeräte (7 Positionen) und Sportwaffen mit gezogenem Lauf (mit einigen Ausnahmen) aufgenommen worden.

Gemäß dem Regierungserlass Nr. 617 gilt die Regel „Drei sind einer zuviel“ für medizinische Möbel (unter anderem für die Bereiche Chirurgie, Zahnmedizin, Stomatologie und Veterinärmedizin) und deren Bestandteile. Bislang unterlagen lediglich medizinische Funktionsbetten dieser Einschränkung.

Außerdem enthält das aktualisierte Verzeichnis nun Prothesen, orthopädische Erzeugnisse und deren Bestandteile einschließlich Einlegesohlen, Bandagen und Gelenkschienen für Arme und Beine.

Waren, die im Verzeichnis aufgeführt sind, und Waren, die nicht darin aufgeführt sind (mit Ausnahme von Waren, die in Punkt 6, Erlass Nr. 617 aufgeführt sind), können nicht Gegenstand ein und desselben Vertrages (ein und derselben Partie) sein.

Die Einschränkungen gelten für die Waren aus dem Verzeichnis, unter anderem für Waren, die dem Auftraggeber im Zuge der Ausführung beauftragter Arbeiten oder Leistungen geliefert werden.

Wie wird das Herkunftsland einer Ware bestätigt?

Als Bestätigung des Herkunftslandes einer Ware dient:

1) das Vorhandensein von Angaben über Industriewaren im Register russischer Industrieerzeugnisse, oder

2) das Vorhandensein eines Zertifikats, welches von einer zuständigen Behörde des EAWU-Herkunftslandes (außer Russische Föderation) in Übereinstimmung mit den Vorschriften zur Bestimmung des Herkunftslandes einer Ware ausgestellt wurde[7].

Grundlage für die Aufnahme von Erzeugnissen in das Register russischer Industrieerzeugnisse ist eine Stellungnahme des Ministeriums für Industrie und Handel über die Bestätigung der Herstellung von Industrieerzeugnissen in der Russischen Föderation in Übereinstimmung mit dem Erlass Nr. 719.Für Erzeugnisse, für die die Anforderung einer Gesamtpunktzahl für die Ausführung (Erschließung) entsprechender Operationen (Bedingungen) in der Russischen Föderation gilt, muss die Stellungnahme Informationen über die Gesamtpunktzahl enthalten.

Ein Beschaffungsteilnehmer muss als Bestandteil seines Antrags einen Auszug aus dem Register der russischen Industrieerzeugnisse unter Angabe der Nummer des Registereintrags und Informationen über die Gesamtpunktzahl für die Erfüllung der technischen Bedingungen (Operationen) in der Russischen Föderation vorlegen, falls dies durch den Erlass Nr. 719 vorgesehen ist.

In der Etappe der Vertragserfüllung legt der Beschaffungsteilnehmer einen Auszug aus dem Register oder eine Kopie eines von einer zuständigen Behörde des Herkunftslandes der Ware (EAWU-Mitgliedsstaat, außer Russische Föderation) ausgestellten Zertifikats vor.

Im Zuge der Vertragserfüllung ist ein Austausch von Industriewaren gegen ausländische Waren nicht zulässig (ausgenommen Waren aus EAWU-Mitgliedsstaaten).

In Bezug auf Industriewaren, für die Verbote gemäß Artikel 14, Föderales Gesetz Nr. 44-FZ festgelegt sind, werden die Einschränkungen nicht angewendet.

Inkrafttreten der Änderungen

Der Erlass Nr. 617 ist am 1. Mai 2020 in Kraft getreten, wird jedoch nicht auf Verhältnisse angewendet, die mit Beschaffungen zusammenhängen, zu denen die Benachrichtigungen (Einladungen) vor dem 1. Mai 2020 veröffentlicht bzw. versendet wurden, unter anderem nicht auf Verträge, zu denen Informationen ins Vertragsregister eingetragen, die von den Auftraggebern vor diesem Datum abgeschlossen wurden.

Im Zusammenhang mit der Verabschiedung von Erlass Nr. 616 und Erlass Nr. 617 wurden einige Regierungserlässe außer Kraft gesetzt, die Verbote und Einschränkungen in bestimmten Industriebranchen vorsahen.

 

[1] Regierungserlass Nr. 616 „Über die Festlegung des Verbots der Zulassung von aus dem Ausland stammenden Industriewaren zu Beschaffungen für staatliche und kommunale Zwecke, sowie von aus dem Ausland stammenden Waren und durch ausländische Personen zu erbringenden Leistungen und auszuführenden Arbeiten zu Beschaffungen für Zwecke der Landesverteidigung und Staatssicherheit “ vom 30.4.2020.

[2] Föderales Gesetz Nr. 44-FZ „Über das Vertragssystem im Bereich Beschaffung von Waren, Arbeiten und Leistungen zur Sicherstellung staatlicher und kommunaler Bedürfnisse“ vom 5.4.2013.

[3] Textilstoffe, sonstige Textilwaren, Kleidung, Pelzwaren, Trikotagen und Strickwaren, Leder, Damenhandtaschen, Schuhe, feuerfeste Schutzkleidung, Schutz-Kopfbedeckungen und sonstige Schutzmittel.

[4] Erlass Nr. 719 der Regierung der Russischen Föderation „Über die Bestätigung der Produktion von Industrieerzeugnissen in der Russischen Föderation“ vom 17.7.2015.

[5] Erlass Nr. 617 der Regierung der Russischen Föderation „Über die Einschränkungen der Zulassung einzelner Arten von Industriewaren aus dem Ausland für Beschaffungen für staatliche und kommunale Zwecke“ vom 30.4.2020.

[6] Anordnung Nr. 126n des Finanzministeriums der Russischen Föderation „Über die Bedingungen zur Zulassung von Waren aus einem fremden Staat oder einer Gruppe von fremden Staaten zur Vornahme von Beschaffungen von Waren für staatliche und kommunale Zwecke“ vom 4.6.2018.

[7] „Vereinbarung über die Vorschriften zur Bestimmung des Herkunftslandes von Waren in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ (abgeschlossen in Jalta, 20. November 2009).

Zurück