Wirksamkeit einer Schiedsklausel
Für erhebliche Unruhe auf dem Feld der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit hat eine Änderung des Arbitrageprozesskodex (APK) der Russischen Föderation im Jahr 2022 geführt. Gemäß den seinerzeit neu eingeführten Art. 248.1 APK und Art. 248.2 APK wurde die Liste der Sachverhalte, die einer ausschließlichen Zuständigkeit der russischen staatlichen Gerichte unterliegen, auf die Streitigkeiten ausgedehnt, in denen gegenüber einer der Parteien ‚begrenzende Maßnahmen‘, sprich Sanktionen, verhängt sind. Diese ausschließliche Zuständigkeit erfasst ausdrücklich auch die Fälle, in denen die Parteien eine Schiedsvereinbarung getroffen haben. Art. 248.2 APK eröffnet zudem den Parteien das Recht, vor russischen Gerichten ein Antrag auf Verbot der Durchführung eines Verfahrens für ausländische Gerichte oder Schiedsgerichte durchzuführen (Prozessführungsverbot oder Anti-Suit-Injunction).
Nunmehr liegen die ersten Entscheidungen deutscher Gerichte vor, in denen es um die Frage ging, wie sich derartige Prozessführungsverbote auf Schiedsverfahren auswirken. In einem von dem Kammergericht Berlin entschiedenen Fall [1]ging es um die Frage der Auflösung eines Vertrages aufgrund der Verhängung von Sanktionen gegen den russischen Vertragspartner. In dem Vertrag war ein Recht zur Kündigung vorgesehen ebenso wie eine Schiedsklausel, die die Durchführung eines Schiedsverfahrens vor dem Schiedsgericht Wien zum Inhalt hatte. Da der russische Vertragspartner auf Vertragserfüllung bestand, wollte der deutsche Lieferant ein Verfahren vor dem Schiedsgericht einleiten. Demgegenüber berief sich der russische Vertragspartner auf ein inzwischen erwirktes Prozessführungsverbot eines russischen Gerichts. Das Kammergericht hat dem Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens stattgegeben. Dabei stand nach Ansicht des Gerichts der Umstand, das Schiedsort Wien war, der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen, weil das Verfahren die Vermögenssituation der im Inland ansässigen deutschen Partei betrifft. Materiell-rechtlich setzt sich das Gericht mit der Frage, welche Auswirkung die Entscheidung des russischen staatlichen Gerichts hat, allerdings nicht auseinander. Es macht insoweit lediglich geltend, dass sich die russische Partei dem Verfahren verweigert habe und es somit an einer Geltendmachung der Einrede der Unwirksamkeit der Schiedsabrede fehle. Ergänzend verweist das Gericht aber auch darauf, dass die Prüfung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung erst im Schiedsverfahren zu klären sei. Gleichzeitig stellt es hierzu aber einleitend fest, dass ‘das Recht der Parteien auf Zugang zur Schiedsgerichtsbarkeit trotz der Sanktionen gewährleistet sein muss‘.
In einem von dem OLG Düsseldorf entschiedenen Fall ging es um eine insofern abweichende Konstellation als hier der Antragsteller in einem Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz beantragte, es der Antragsgegnerin zu untersagen, von einem in St. Petersburg erwirkten Prozessführungsverbot im In- und Ausland Gebrauch zu machen.[2] Hintergrund war, dass der Antragsteller vor einem Schiedsgericht in Stockholm ein Verfahren durchführen wollte, dem sich die Antragsgegnerin verweigerte. Das OLG hat diesen Antrag als unbegründet abgewiesen, weil es an einem Verfügungsgrund fehle. Die für einen hier allein in Betracht kommende deliktischen Anspruch erforderliche Rechtsgutverletzung liege nicht vor.
[1] KG Berlin 12 SchH 5/22, SchiedsVZ 2024, 218
[2] OLG Düsseldorf I-26 W 7/24, SchiedsVZ 2024, 262
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