Vertragsverletzung infolge des Ausstiegs aus russischem Markt

Recht Russland

Anastasia Pastuschik, Sapozhnikov & Partner/ Rödl and Partner

In der Rechtsprechung wurde ein folgender Fall verzeichnet. Eine juristische Person (die Beklagte), an der eine ausländische Unternehmensgruppe beteiligt war, und eine russische Gesellschaft (die Klägerin) haben in 2016 einen Liefervertrag abgeschlossen. Die Klägerin hat sich danach verpflichtet, ihre Tankstellen an die Anforderungen der Beklagten anzupassen, woraufhin sie das Recht erhalten sollte, Benzin und Dieseltreibstoff unter einem bekannten Markenzeichen zu verkaufen. Die Beklagte sollte dem Kläger auch die Identifizierungsmittel der Unternehmensgruppe übergeben und ihm gegen Überweisung von 8 % der Erträge aus den Verkäufen von allen Warengattungen Marketingunterstützung leisten. Der Vertrag wurde bis 2026 verlängert.

Im Mai 2022 hat die Klägerin aus den Massenmedien erfahren, dass die russische Produktionsanlage der Beklagten infolge von den gegen Russland eingeführten Wirtschaftssanktionen vorübergehend lahmgelegt worden war. Die Beklagte hat aufgehört, die Marketingunterstützung zu leisten, den Zugang zu den Treueprogrammen gesperrt und die Treibstofflieferungen beendet. Danach hat die Beklagte der Klägerin einen Zusatzvereinbarungsentwurf über die Beendung der Lieferungen zukommen lassen, die sich jedoch geweigert hat, diese Vereinbarung zu unterzeichnen. Die Klägerin hat die Beklagte aufgefordert, den Schaden zu erstatten. Das Mahnschreiben wurde nicht beantwortet.

Das Gericht der ersten Instanz hat die Vertragskündigungsklage abgelehnt. Es hat die Vereinbarung als einen gemischten Vertrag mit den Merkmalen eines Liefer- und eines Dienstleistungsvertrags eingestuft. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass es keine wesentlichen Verstöße vorliegen, die eine Vertragskündigung begründen könnten. Das Gericht hat auch angemerkt, dass die Beklagte den Treibstoff bei den Dritten erwerben und diesen dann unter ihrer Marke weiterverkaufen kann.

Das Arbitrageberufungsgericht war anderer Meinung und hat den Vertrag gekündigt. Seiner Ansicht nach stellt der Aktivitätenstopp in Russland, der die Unternehmensgruppe gemacht hat, eine ausreichende Grundlage für gerichtliche Kündigung des Vertrags dar. Die Handlungen der Unternehmensgruppe hatten zum Ziel, dem Käufer vorsätzlich Schaden zuzufügen. Die Klägerin rechnete indes mit der Anwerbung von Kunden, die über den positiven geschäftlichen Ruf der ausländischen Unternehmensgruppe und die hohe Qualität ihres Treibstoffes wussten.

Das Gericht hat vom Lieferanten auch den tatsächlichen Schaden in Form von Ausgaben für die Anpassung der Tankstellen beigetrieben.

Quelle: Beschluss des Neunten Arbitrageberufungsgerichts Nr. 09AP-10803/2023 vom 4. Mai 2023 in der Sache Nr. А40-136406/2022

Fotoquelle: www.m24.ru

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