Verbot der vorzeitigen Stimmabgabe verfassungswidrig

Recht Russland

Mit Beschluss Nr. 11-P vom 15.04.2014 hat das Verfassungsgericht der Russischen Föderation den Absatz 1 des Artikels 65 des Föderalen Gesetzes "Über die grundlegenden Garantien der Wahlrechte" für verfassungswidrig erklärt.

Die Regelung ist verfassungswidrig, soweit sie die Möglichkeit der vorzeitigen Stimmabgabe für diejenigen Wähler ausschließt, die am Wahltag ortsabwesend sind und aus einem wichtigen Grund nicht im Wahllokal erscheinen können. Ein wichtiger Grund ist zum Beispiel ein Urlaub, eine Dienstreise, eine Erkrankung, die Arbeitszeitgestaltung, die Erfüllung staatlicher und öffentlicher Aufgaben.

Das Verfassungsgericht hat darauf hingewiesen, dass der Ausschluss der Möglichkeit der vorzeitigen Stimmabgabe die Wähler benachteiligt, die aus einem wichtigen Grund nicht in ihrem Wahllokal erscheinen können, was zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich mit den anderen Wählern führt. Im Ergebnis müssen sich diese Bürger entweder für die Umsetzung ihres Wahlrechts oder der anderen gleichbedeutenden Verfassungsrechte (z.B. das Recht auf Erholung oder Arbeit u.s.w.) entscheiden.

Ferner hat das Verfassungsgericht darauf hingewiesen, dass diese Ungleichbehandlung weder durch die Stimmabgabe mittels eines Wahlscheins, die nur in demselben Wahlkreis möglich ist, noch durch die Briefwahl, die auf den Wähler zusätzliche Kosten (notarielle Beglaubigung) auferlegt, beseitigt werden kann. Formale Kriterien, wie zum Beispiel Rationalisierung der Arbeit von Wahlkommissionen, dürfen die Beschränkung des Rechts auf vorzeitige Stimmabgabe nicht rechtfertigen.

Das Gericht wies das Argument zurück, dass die vorzeitige Stimmabgabe verschiedene Wahlmanipulationen zur Folge haben könne. Im Gesetz bleibt zum Beispiel die vorzeitige Stimmabgabe in Wahllokalen in den schwer zu erreichenden Regionen zulässig. Der Gesetzgeber geht daher selbst davon aus, dass durch eine geeignete und ordnungsgemäße Organisation der Stimmabgabe die Transparenz, die Zuverlässigkeit und die Effektivität der Wahl gewährleistet werden können.

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