Suspendierung von nicht geimpften Mitarbeitern in Russland

Recht Russland

Anastasia Kondratenko, Rödl & Partner Russland

Im Schreiben Nr. 1811-TZ vom 13. Juli 2021 hat das Arbeitsministerium der Russischen Föderation seine Position zur Suspendierung von nicht gegen COVID-19 geimpfte Mitarbeiter erläutert. Unter Verweis auf Artikel 76 des Arbeitsgesetzbuches Russlands hat die Behörde erklärt, dass die Arbeitgeber Mitarbeiter, die ohne triftigen Grund eine Immunisierung verweigern, ohne Gehaltsfortzahlung suspendieren können. Diese Regel betrifft alle Mitarbeiter, und zwar unabhängig von den Arbeitsbedingungen (ob die Arbeit im Büro des Arbeitgebers oder als Telearbeit ausgeübt wird, ist unerheblich).

Rechtliche Begründung

Artikel 76 des Arbeitsgesetzbuches Russlands listet die Situationen auf, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer suspendieren muss. Außerdem erhält er Verweise auf weitere Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches, der Föderalen Gesetze und anderer Rechtsdokumente. Die Liste der Suspendierungsgründe ist daher nicht abschließend.

Eines der Gesetze ist das Föderale Gesetz Nr. 157 Über die immunologische Vorbeugung von Infektionskrankheiten vom 17. September 1998. Laut dessen Artikel 5 darf ein Bewerber nicht eingestellt bzw. muss ein Arbeitnehmer suspendiert werden, falls die Arbeit mit hohem Infektionsrisiko verbunden ist. Die entsprechende Liste von Berufen wurde in der Verordnung der Regierung Nr. 825 vom 15. Juli 1999 festgelegt und schließt unter anderem Landwirtschafts- und Bauarbeiten, die Behandlung von an Infektionskrankheiten leidenden Patienten und die Arbeitsprozesse in Bildungseinrichtungen ein.

Aktuell steht die Corona-Impfung im Kalender von Vorbeugungsimpfungen, die aufgrund von epidemiologischen Indikationen durchzuführen sind. Die Impfung wird daher obligatorisch, wenn der Hauptsanitärarzt des Föderationssubjekts eine Verordnung über die Immunisierung einzelner Personenkategorien oder der in bestimmten Branchen tätigen Arbeitnehmer veröffentlicht. In Moskau wurden die Branchen, für die Impfungspflicht besteht, in der Verordnung des Staatlichen Hauptsanitärarztes in Moskau Nr. 1 Über die Verabreichung von Vorbeugungsimpfungen an einzelne Personenkategorien aufgrund von epidemiologischen Indikationen vom 15. Juni 2021 festgelegt. Dazu zählen zum Beispiel Handel, Gastronomie, Schönheitssalons, Fitnessstudios, Wohnungs- und Kommunalwirtschaft und Energieversorgung. Die vollständige, abschließende Liste der Branchen ist in Punkt 1 der Verordnung aufgeführt. Die Notwendigkeit der Impfung von Arbeitnehmern ist nach dem Gesamtrussisches Klassenverzeichnis der Gewerbearten (OKWED) zu bestimmen, das im Einheitlichen Staatlichen Register der juristischen Personen oder im Einheitlichen Staatlichen Register der Einzelunternehmer aufgeführt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Unternehmen tatsächlich in der betreffenden Branche tätig ist oder nicht.

Suspendierungsverfahren

In Moskau müssen die in diesen Branchen tätigen Arbeitnehmer die zweite Impfungskomponente bis zum 15. August 2021 verabreicht bekommen haben. Die Spezialisten aus dem Arbeitsministerium sind der Auffassung, dass ab diesem Tag auch die Suspendierung dokumentarisch festzuhalten ist.

Zuerst sollte der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer eine schriftliche Verweigerung der Impfung einholen. Danach wird eine Anordnung über die Suspendierung ohne Gehaltsauszahlung erstellt. Darin sind Vor-, Nach- und Vatersname des Mitarbeiters, seine Position, die Begründung und die Frist seiner Suspendierung einzutragen. Die Bekanntmachung der Arbeitnehmer mit den Anordnungen wird durch ihre Unterschriften bestätigt.

Die Arbeitnehmer werden „bis zur Beseitigung der Umstände“ suspendiert, die „die Suspension herbeigeführt haben“. Das heißt, entweder bis zur Impfung oder bis zur Beendigung der ungünstigen epidemiologischen Situation. Danach dürfen die Arbeitnehmer ihre Arbeit wieder aufnehmen.

Falls die Weigerung begründet war, werden dem Arbeitnehmer während der Suspendierung zwei Drittel des Gehalts für den durch die Arbeitsvertragsparteien nicht verschuldeten Arbeitsausfall erstattet. Anzumerken ist auch, dass die Weigerung, sich impfen zu lassen, keine Kündigung des Arbeitsvertrags rechtfertigen kann.

Haftung des Arbeitgebers für Nichteinhaltung der Aufforderungen

Wenn Arbeitgeber die Anforderungen in Bezug auf Impfung und Suspendierung nicht einhalten, können sie mit einer Geldbuße geahndet werden. Artikel 6.3 Absatz 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzbuches  der Russischen Föderation sieht eine Geldbuße für Verstöße gegen die Gesetzgebung im Bereich der Sicherstellung des sanitären und epidemiologischen Wohlergehens der Bevölkerung vor, die durch die Verbreitung gefährlicher Krankheiten gefährdet ist. Die Geldbuße für Einzelunternehmer beträgt zwischen 50.000 und 150.000 Rubel, für juristische Personen zwischen 200.000 und 500.000 Rubel. Anstelle der Geldbuße kann die Tätigkeit der Unternehmen für bis zu 90 Tage ausgesetzt werden.

Das Schreiben des Arbeitsministeriums ist kein Rechtsakt, sondern bringt den Standpunkt des Ministeriums zum Ausdruck. Aufgrund des Risikos, wegen eines Verstoßes gegen die Verordnung des Staatlichen Hauptsanitärarztes in Moskau haftbar gemacht zu werden, wird empfohlen, die Verpflichtung zur Impfung von 60% Ihrer Mitarbeiter genau zu prüfen. Es ist wichtig zu prüfen, ob das OKWED-Verzeichnis des Unternehmens auf eine Branche verweist, in der Impfungen vorgeschrieben sind. Weigern sich Arbeitnehmer, sich impfen zu lassen, muss man von ihnen einen Nachweis über Gegenanzeigen oder eine schriftliche Erklärung über die Ablehnung der Impfung verlangen. Im Falle einer Suspendierung ist das vorgeschriebene Verfahren einzuhalten.

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