Russland: Verstöße gegen Wettbewerbsgesetzgebung

Recht Russland

Föderaler Antimonopoldienst Russlands befindet ausländische Unternehmen und ihre Tochtergesellschaften immer öfter Gesetzverstößen schuldig

 

Alexandra Nechaeva, Rödl & Partner Moskau

 

In den letzten Monaten wurden ausländische Gesellschaften und ihre Tochtergesellschaften durch den Föderalen Antimonopoldienst (FAS Russlands) immer öfter Verstößen überführt, und zwar sowohl gegen die Wettbewerbsgesetzgebung, als auch gegen die Gesetzgebung über die Werbung, deren Einhaltung durch diese Behörde kontrolliert wird. Diese Tendenz löst viele Bedenken aus, weil außer den hohen Bußgeldern für Verstöße gegen die Kartellgesetzgebung (die im Falle von umsatzbezogenen Bußgeldern mehrere Millionen Rubel betragen können) Gesetzverstöße allgemein den Ruf des gesamten Konzerns schädigen. Welche Maßnahmen Sie treffen können, um Verstöße zu vermeiden, finden Sie in unserem Artikel.

Verstöße gegen Wettbewerbsgesetzgebung

In Bezug auf die Wettbewerbsgesetzgebung hängen die zahlreicher gewordenen Beschuldigungen des FAS Russlands mit unlauterem Wettbewerb in verschiedenen Formen zusammen. Es handelt sich beispielsweise um Täuschung (Artikel 14.2 Wettbewerbsschutzgesetz) und andere Formen (Artikel 14.8 Wettbewerbsschutzgesetz).

Im Dezember 2019 hat die Kontrollbehörde einen schweizerischen Schokoladenproduzenten und einen deutschen Hersteller von Waschmitteln und Waschkapseln des unlauteren Wettbewerbs im Zusammenhang mit den abweichenden Qualitätsstandards der Waren auf dem russischen Markt beschuldigt, die nach Ansicht der Behörde den gleichen Waren in der gleichen Verpackung auf dem westeuropäischen Markt in der Qualität nachstehen. Gegen den Schokoladenproduzenten wurde im August 2020 im Zusammenhang mit der Nichterfüllung der Mahnung des FAS Russlands ein kartellrechtliches Verfahren eingeleitet, das derzeit verhandelt wird.[1]

Ende August 2020 hat der FAS Russlands die Handlungen eines deutschen und eines japanischen Herstellers von Fahrzeugersatzteilen, die die Erlaubnisse für die Einfuhr von Originalersatzteilen durch unabhängige Händler verweigert haben, als unlauteren Wettbewerb eingestuft.[2] Die Unternehmen haben Auflagen erhalten, ihnen droht ein ordnungsrechtliches Bußgeld. Dies ist der erste derartige Beschluss des FAS Russlands, der somit einen Präzedenzfall darstellt. Wenn dieser Beschluss nicht angefochten oder durch das Gericht bei der Anfechtung unterstützt wird, werden theoretisch alle Rechtsinhaber, die ihr geistiges Eigentum im Zollregister für geistiges Eigentum eingetragen haben, bei der Verweigerung der Erlaubnisse für die Einfuhr von Originalwaren gegen die Kartellgesetzgebung verstoßen.

Verstoß gegen die Gesetzgebung über die Werbung

Im Falle der Werbung betreffen die Verstöße nicht korrekte oder falsche Werbung (Punkt 1, Teil 2, Punkt 2, Teil 3, Teil 7 Artikel 5 Gesetz über die Werbung).

Im Mai 2020 hat das Gericht den Beschluss und den Erlass der Kontrollbehörde über die Verhängung eines Bußgelds für die falsche Werbung einer russischen Bank bestätigt, die einer österreichischen Bankgruppe angehört.[3]

Im September 2020 wurde die Tochtergesellschaft eines deutschen Konzerns eines nicht korrekten Vergleichs in der Werbung eines Arzneimittels beschuldigt.[4]

Antimonopol-Compliance

Um den Verstoß rechtzeitig festzustellen, muss das Unternehmen spezielle Mechanismen dafür haben. Ein solcher Mechanismus für die Vermeidung von Verstößen gegen die Kartell- bzw. Wettbewerbsgesetzgebung (Wettbewerbsgesetzgebung) kann die Antimonopol-Compliance sein. Am 12. März 2020 sind Ergänzungen zum Wettbewerbsschutzgesetz (im Folgenden „Gesetz“) in Kraft getreten. Das Gesetz führt den Begriff des internen Systems für die Gewährleistung der Übereinstimmung mit den Anforderungen der Wettbewerbsgesetzgebung sowie verbindliche Anforderungen an die Antimonopolrichtlinien für die Organisation eines solchen Systems ein.

Das Gesetz definiert das interne Antimonopol-Compliancesystem als Gesamtheit von rechtlichen und organisatorischen Maßnahmen, die durch die internen Vorschriften des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe vorgesehen und auf die Einhaltung der Anforderungen der Wettbewerbsgesetzgebung und Verhinderung von Verstößen gegen die Wettbewerbsgesetzgebung ausgerichtet sind.

Gemäß dem Gesetz ist die Einführung eines Antimonopol-Compliancesystems keine Pflicht, sondern ein Recht aller Unternehmen. Die Hauptidee der Antimonopol-Compliance ist die Selbstständigkeit des Unternehmens bei der Entwicklung von Verhaltensregeln für sich selbst, die auf die Einhaltung der Wettbewerbsgesetzgebung und die Kontrolle über die Einhaltung dieser Regeln ausgerichtet sind.

Das Gesetz verpflichtet das Unternehmen zur Veröffentlichung von Informationen über die Bestätigung (Anwendung) der Antimonopolrichtlinie auf seiner Webseite auf Russisch. Die Pflicht zur Veröffentlichung des gesamten Wortlauts der Antimonopolrichtlinie ist durch das Gesetz nicht vorgesehen.

Ein Unternehmen ist berechtigt, seine bereits bestätigte Antimonopolrichtlinie oder einen Entwurf der Antimonopolrichtlinie beim FAS Russlands zur Prüfung ihrer Übereinstimmung mit der Wettbewerbsgesetzgebung einzureichen. Der FAS Russlands muss die eingereichte Antimonopolrichtlinie oder ihren Entwurf innerhalb von 30 Tagen prüfen und eine Stellungnahme über die Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit der Wettbewerbsgesetzgebung ausstellen.

Antimonopol-Compliance als mildernder Umstand

Es ist zu berücksichtigen, dass der Entwurf des neuen Ordnungswidrigkeitengesetzbuchs der Russischen Föderation[5] eine Norm[6] vorsieht, in der das Vorliegen der Antimonopol-Compliance ausdrücklich unter den speziellen mildernden Umständen bei kartellrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Verstößen wie Missbrauch der dominierenden Position auf dem Warenmarkt, Abschluss einer wettbewerbseinschränkenden Vereinbarung, Vornahme von abgestimmten wettbewerbseinschränkenden Handlungen, Koordinierung der Wirtschaftstätigkeit und unlauterer Wettbewerb aufgeführt ist.

Für die Milderung der Haftung werden insgesamt zwei Anforderungen erfüllt werden müssen:

  • Organisation des Systems der internen Antimonopol-Compliance vor der Begehung der Ordnungswidrigkeit (bei einer anhaltenden Ordnungswidrigkeit - vor der Feststellung der Tatbestände der Ordnungswidrigkeit durch den Antimonopoldienst),
  • Der Verstoß gegen die Wettbewerbsgesetzgebung wurde zum Zeitpunkt der Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens im Zusammenhang mit der Umsetzung der Maßnahmen der Antimonopol-Compliance festgestellt und beseitigt.

Ein System der Antimonopol-Compliance, das der russischen Wettbewerbsgesetzgebung entspricht, wird dabei helfen, Verstöße zu vermeiden und Haftungsrisiken zu minimieren.

[1] https://fas.gov.ru/news/30332.

[2] https://fas.gov.ru/news/30367.

[3] https://fas.gov.ru/news/29896.

[4] https://fas.gov.ru/news/30443.

[5]Erstellt durch das Justizministerium Russlands, Entwurfs-ID 02/04/05-20/00102447 (der Staatsduma nicht vorgelegt, Stand 29.05.2020).

[6] Anmerkung 2 zum Artikel 27.1 des OWiG-Entwurfs.

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