Russland: Steuerung von Löhnen und Gehältern in Zeiten des Coronavirus

Recht Russland

von: Alexey Sapozhnikov, Rödl & Partner

Kostenoptimierung ist eine der Richtungen, in der unter den aktuellen Bedingungen praktisch jedes Unternehmen arbeitet. Um die Lebensfähigkeit des Unternehmens zu stärken, bemühen sich die Geschäftsführer, die Arbeit ihrer Unternehmen an die neuen Bedingungen anzupassen, unter anderem durch Optimierung von Löhnen und Gehältern. Im Folgenden wird analysiert, welche Mechanismen zur Reduzierung von Personalkosten durch die Gesetzgebung vorgesehen sind.

I. Betriebsunterbrechung – Art. 72.2 Abs. 3, Artikel 157 ArbGB RF

Wann kann eine Betriebsunterbrechung in Frage kommen?

Die Betriebsunterbrechung ist die Einstellung der Arbeit aus wirtschaftlichen, technologischen, technischen oder organisatorischen Gründen. Die Betriebsunterbrechung zeichnet sich dadurch aus, dass sie ausschließlich auf Grundlagen vorübergehender Natur eingeführt werden kann. Dabei sieht das Arbeitsgesetzbuch kein abschließendes Verzeichnis von Grundlagen für eine Betriebsunterbrechung vor.

Die Betriebsunterbrechung kann sowohl einen als auch mehrere oder alle Arbeitnehmer einer Strukturabteilung oder Organisation betreffen.

Die Grundlagen für eine Betriebsunterbrechung können durch Verschulden des Arbeitnehmers, durch Verschulden des Arbeitgebers oder aus von den Parteien unabhängigen Gründen entstehen. In Abhängigkeit davon wird die Höhe der den Arbeitnehmern zustehenden Auszahlungen bestimmt.

Ist die Betriebsunterbrechung während der sog. arbeitsfreien Tage zulässig?

Es besteht kein direktes Verbot der Einführung einer Betriebsunterbrechung für die Dauer der arbeitsfreien Tage[1]. Gemäß der Position des Föderalen Dienstes für Arbeit und Beschäftigung (Rostrud) ist eine Betriebsunterbrechung, die auf Grundlage der Unmöglichkeit der Arbeit infolge der Ergreifung staatlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus eingeführt wird, als von den Parteien unabhängig einzustufen. Wenn die Betriebsunterbrechung im Zusammenhang mit dem Rückgang von Umsatzvolumen im Zusammenhang mit der Pandemie eingeführt wird, wird sie als Betriebsunterbrechung durch Verschulden des Arbeitgebers betrachtet, weil in diesem Fall kein direkter kausaler Zusammenhang zwischen den äußeren Umständen und der Unmöglichkeit der Arbeit besteht.

Was gewinnt der Arbeitgeber?

Erstens reduziert er die Gehaltskosten. Die Dauer der Betriebsunterbrechung durch Verschulden des Arbeitgebers wird mit mindestens zwei Dritteln des durchschnittlichen Arbeitsentgelts des Arbeitnehmers bezahlt. Eine Betriebsunterbrechung aus Gründen, die nicht durch den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer zu vertreten sind, werden mit mindestens zwei Dritteln seines Tarifsatzes bzw. Gehalts bezahlt, die proportional der Dauer der Betriebsunterbrechung berechnet sind.

Zweitens kann der Arbeitnehmer bei der Betriebsunterbrechung für bis zu einem Monat ohne seine Zustimmung gemäß, Art. 72.2 Abs. 3 ArbGB RF in eine andere Position versetzt werden.

Wie wird die Betriebsunterbrechung dokumentiert?

Die Betriebsunterbrechung wird durch eine Anordnung des Arbeitgebers eingeführt, in der die Grundlage für die Betriebsunterbrechung, das Verzeichnis der betroffenen Positionen und die Dauer der Betriebsunterbrechung anzugeben sind. Falls die Betriebsunterbrechung aufgrund der Ergreifung staatlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit Ausbreitung des Coronavirus eingeführt wird, muss die Anordnung ein Verweis auf die konkrete Norm des die Maßnahmen begründenden Rechtsakts enthalten.

Zusätzlich muss die Beschäftigungsbehörde über die Einführung der Betriebsunterbrechung im Unternehmen benachrichtigt werden, wenn sie alle Arbeitnehmer betrifft.

II. Kürzung der Mitarbeiterzahl oder Stellenabbau –Art. 81 Abs. 1 Ziff. ArbGB RF

Der Personalabbau erfolgt auf Entscheidung des Arbeitgebers (so betriebsbedingte Kündigung) in zwei Formen Stellenabbau oder Stellenkürzung und kann durch technologische oder wirtschaftliche Faktoren bedingt sein. Beim Stellenabbau schließt der Arbeitgeber bestimmte Positionen aus dem Stellenplan aus. Bei der Stellenkürzung reduziert der Arbeitgeber die Zahl von Arbeitnehmern auf einer Position (z.B. von vier Verkäufern verbleiben nur zwei).

 

Warum ist Personalabbau nicht empfehlenswert?

Erstens wegen des Zeitaufwands. Die Arbeitnehmer müssen über den geplanten Personalabbau mindestens zwei Monate im Voraus benachrichtigt und mit der Anordnung und Benachrichtigung über den Personalabbau ordnungsgemäß bekanntgemacht werden. Außerdem setzt der Personalabbau eine gründliche Vorbereitung voraus: Begründung des Personalabbaus, Feststellung der Angehörigen der vor Personalabbau geschützten Kategorien unter den Arbeitnehmern (Art.261 ArbGB RF), Feststellung von Arbeitnehmern mit Vorrecht auf Beibehaltung des Arbeitsplatzes.

Insgesamt dauert das Verfahren ca. drei Monate. Im besten Fall wird das Unternehmen zum Zeitpunkt des Nachlassens der Pandemie neues Personal aussuchen müssen, was unter Umständen ebenfalls nicht so einfach ist. Außerdem würde es nicht empfohlen, eine gestrichene Position innerhalb von ca. einem halben Jahr wiederherzustellen, um die Risiken der Erklärung des Personalabbaus für rechtswidrig und der Wiedereinstellung des gekündigten Arbeitnehmers unter Auszahlung hoher Entschädigungen zu minimieren.

Zweitens, wegen der finanziellen Aspekte. Nach der Benachrichtigung des Arbeitnehmers über den Personalabbau ist dieser berechtigt, zwei Monate ohne Änderung des Gehalts weiter zu arbeiten. Am letzten Arbeitstag steht dem Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe eines durchschnittlichen Monatsverdienstes zu. Unter bestimmten Bedingungen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf zwei Abfindungen, die aus Mitteln des Arbeitgebers zu bezahlen sind. Daher ist der Personalabbau ein relativ aufwendiges Verfahren für den Arbeitgeber, besonders in der aktuellen Situation.

III. Kurzarbeit – Art.74, Art. 93 ArbGB RF

Die Vergütung wird bei der Kurzarbeit proportional zu den geleisteten Arbeitsstunden oder in Abhängigkeit vom Umfang der ausgeführten Arbeiten gezahlt. Auf den ersten Blick ist das eine perfekte Lösung für die Senkung der Lohnkosten. Die Einführung von Kurzarbeit auf Initiative des Arbeitgebers ist jedoch problematisch.

Welche Probleme können entstehen? Warum?

Die Arbeitszeit ist eine wesentliche Bedingung des Arbeitsvertrags, deren Änderung grundsätzlich nur im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien zulässig ist. Artikel 74 ArbGB RF sieht eine Ausnahme vor, dass beim Vorliegen von Gründen, die mit der Änderung der organisatorischen oder technologischen Arbeitsbedingungen verbunden sind, eine Änderung des Arbeitsvertrags auf Initiative des Arbeitgebers möglich ist.

Erstens muss dafür der Arbeitnehmer über die Änderung des Arbeitsvertrags zwei Monate im Voraus schriftlich benachrichtigt werden und seine Kenntnisnahme bestätigen. Zweitens muss begründet werden, warum das Arbeitsverhältnis nicht zu den bisherigen Bedingungen aufrechterhalten werden kann. Hier muss berücksichtigt werden, dass Art. 74 ArbGB RF nur bei einer Änderung der organisatorischen oder technologischen Arbeitsbedingungen angewendet wird, d.h. wirtschaftliche Schwierigkeiten bilden keine ausreichende Grundlage für die einseitige Änderung des Vertrags. Die maximale Dauer der Kurzarbeit beträgt sechs Monate.

Falls der Arbeitnehmer mit den neuen Bedingungen nicht einverstanden ist

In diesem Fall muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schriftlich eine andere Stelle anbieten: diese kann der Position des Arbeitnehmers entsprechen oder seiner Position untergeordnet und geringer vergütet sein.

Wenn innerhalb von zwei Monaten nach der Benachrichtigung keine freien Stellen vorliegen oder der Arbeitnehmer die angebotene Stelle ablehnt, wird der Arbeitsvertrag auf Grundlage von Art. 77 Abs. 1 Ziff. 7 ArbGB RF mit Auszahlung einer entsprechenden Abfindung gekündigt. Soweit die Gefahr von Massenentlassungen besteht und der Arbeitnehmer das Angebot zur Verkürzung der Arbeitszeit nicht annimmt, wird der Arbeitsvertrag gemäß von Art. 81 Abs. 1 Ziff. 2 ArbGB RF (Stellenabbau/Stellenkürzung) beendet.

Kann die Kurzarbeit im gegenseitigen Einvernehmen der Parteien eingeführt werden? Wie wird sie dokumentiert?

Ja, die Einführung der Kurzarbeit mit einer proportionalen Gehaltskürzung ist ausdrücklich durch Art. 93 ArbGB RF vorgesehen.

Sowohl die Einführung als auch die Aufhebung der Kurzarbeit bedarf der Schriftform (Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag). Die Parteien können die Vereinbarung jederzeit unterzeichnen und sind nicht verpflichtet, die Dauer der Kurzarbeit festzulegen. Die Kurzarbeit muss nicht im Arbeitsbuch dokumentiert werden.

[1] Mit Dekret vom 2.4.2020 Nr. 239 hat Präsident Putin zum Zwecke der Gewährleistung des sanitär-epidemiologischen Wohlergehens der Bevölkerung auf dem Territorium der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Ausbreitung einer neuen Coronavirus-Infektion (COVID-19) beschlossen, arbeitsfreie Tage vom 4. bis zum 30. April 2020 einschließlich festzulegen. Die Gehälter werden weitergezahlt. Am 28.4.2020 wurde die arbeitsfreie Zeit bis zum 11. Mai 2020 verlängert.

Fotoquelle: www.glavcom.ua

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