Rechtliche Regulierung des Umlaufs von COVID-Impfungen in Russland

Recht Russland

Ilya Lokhanin, Rödl & Partner

In Russland, wo der weltweit erste Impfstoff gegen COVID-19 namens Sputnik V entwickelt und registriert wurde, wird der Umlauf von Impfungen gleich auf mehreren Ebenen reguliert. Die Kenntnisse über diese rechtliche Landschaft könnten sowohl für heimische als auch für ausländische Akteure des Arzneimittelmarkts von Nutzen sein.

Die Vakzinierung wird als wichtigste Waffe im Kampf gegen die globale COVID-Pandemie betrachtet. Derzeit ist ein zunehmender Wettbewerb zwischen den Corona-Impfstoffherstellern aus verschiedenen Ländern zu beobachten, die ihre Produktion auch im Ausland vertreiben wollen. Dafür müssen sie sich in den rechtlichen Fragen auskennen, die im jeweiligen Land zur Anwendung kommen, unter anderem im Bereich der Registrierung oder Zollabfertigung von Medikamenten. Besondere Rechtsvorschriften kommen dabei auch in Russland ins Spiel.

Am 3. April 2020 hat die Regierung Russlands die Verordnung Nr. 441 veröffentlicht, durch die ein vereinfachtes Registrierungsverfahren für Arzneimittel während der Pandemie eingeführt wurde. Dieses Dokument sieht vor, dass die Registrierung eines neuen Corona-Impfstoffs auch ohne Abschluss aller klinischen Studien zulässig ist. Um davon Gebrauch zu machen, muss der Arzneimittelproduzent beim Gesundheitsministerium Russlands bestimmte Dokumente einreichen, deren Liste durch die Verordnung festgelegt wird. Hat der Antragsteller alle Anforderungen erfüllt, so wird das Amt das Medikament innerhalb von 20 Arbeitstagen registrieren. Die obige Liste umfasst zum Beispiel einen Antrag auf beschleunigte Registrierung des Arzneimittels, Lizenzen des Herstellers, dokumentarische Nachweise der Effizienz der Arznei usw. Die nach diesem Verfahren erteilten Registrierungszertifikate werden bis zum 1. Januar 2022 gelten, und die Angaben über das Medikament werden im Staatlichen Arzneimittelregister erscheinen.

Auch die Immunisierung der Bevölkerung gegen COVID-19 ist in Russland bestimmten rechtlichen Bestimmungen unterworfen. Die Impfung gegen diese Krankheit wurde in den Nationalen Impfkalender aufgenommen, den das Gesundheitsministerium mit seiner Anordnung Nr. 125n vom 21. März 2014 bewilligt hat. Außerdem hat das Ministerium ein Vakzinierungsverfahren ausgearbeitet, das durch das Schreiben des Gesundheitsministeriums Russlands Nr. 1/i/1-155 vom 15. Januar 2021 formalisiert wurde. Dieses letzte Dokument legt die Regeln für medizinische Spezialisten bei der Verabreichung der Impfung fest, reguliert die Abnahme, die Aufbewahrung und die Anwendung des Impfstoffs und beschreibt dessen Eigenschaften. Außerdem schreibt es eine Befragung des Patienten mittels eines Fragebogens, die Aufklärung über mögliche Folgen der Impfung usw. vor.

Andere rechtliche Vorschriften wiederum regeln Import und Export von Medikamenten über die russische Grenze. Dieser Bereich wird in Russland doppelt reglementiert – durch nationales und internationales Recht (im Rahmen der Eurasischen Wirtschaftsunion). Die wichtigsten Einfuhr- und Ausfuhrnormen für Arzneimittel enthält das Föderale Gesetz Nr. 61-FZ Über den Umlauf von Arzneimitteln vom 12. April 2010. Dessen Inhalt wird zudem in mehreren untergeordneten rechtlichen Dokumenten der Regierung und des Gesundheitsministeriums in größter Detailtiefe ausgelegt.

Um Arzneimittel nach Russland einzuführen, muss der Importeur den Zollbehörden gemäß der Verordnung der Regierung Russlands Nr. 771 vom 29. September 2010 (grundlegende Vorschrift für solche Importe) folgende Dokumente vorlegen:

a)       Zertifikat des Arzneiherstellers, das die Erfüllung der für das Medikament relevanten Anforderungen der Normativdokumentation bestätigt;

b)      Erlaubnis des Gesundheitsministeriums, die in gesetzlich festgelegten Fällen erteilt wird (zum Beispiel für die Einfuhr der Medikamente zur Durchführung klinischer Studien, zu Zwecken der staatlichen Registrierung der Arznei usw.);

c)       Zollunterlagen (Zollerklärungen, Frachtbriefe u. a.)

Einer Genehmigung bedürfen auch die Exporte bestimmter Arzneimittel aus der Russischen Föderation. Als Beispiel für solche Präparate können als pharmazeutische Substanzen verwendbare organische chemische Verbindungen, Narkotika, psychotrope Stoffe, deren Präkursore oder andere stark wirkende Stoffe genannt werden. Eine genaue Liste solcher Präparate wurde durch Vorschriften russischen Rechts und Dokumente der EAWU definiert. Für die Ausfuhr dieser Medikamente aus Russland wird der Exporteur beim Gesundheitsministerium und der Aufsichtsbehörde für das Gesundheitswesen Rossdrawnadsor Zertifikate und Erlaubnisse beantragen müssen und entsprechende Zollunterlagen benötigen.

Die wichtigste Rechtsquelle für den Export russischer Impfungen bleiben dabei internationale Übereinkommen. So wurden laut dem Generaldirektor des Russischen Fonds für Direktinvestitionen RFPI Kirill Dmitrijew vorübergehende Absprachen für Lieferung von Sputnik V mit mehr als 50 Staaten erreicht[1]. Zu diesen Ländern zählen unter anderem Argentinien, Ungarn, Indien, China, Brasilien und Südkorea. Eine andere Impfung ebenfalls russischer Herkunft – EpiVakKorona – wurde früher nach Weißrussland neben den Infektionstests geliefert[2].

Zur selben Zeit wies der Föderale Aufsichtsdienst für Gesundheitswesen Rossdrawnadsor auf das Einfuhrverbot für in Russland nicht registrierte ausländische COVID-Impfungen hin[3]. Über die Unmöglichkeit der Einzellieferungen der Impfungen nach Russland außerhalb von internationalen Vereinbarungen hat auch das US-Unternehmen Pfizer berichtet[4].

In Russland besteht somit ein rechtlicher Rahmen für den Umlauf von Corona-Impfstoffen, wobei viele Fragen in Bezug auf internationale Medikamentenlieferungen heute überwiegend in den internationalen Übereinkommen gehandhabt werden.

[1] https://amp.dw.com/ru/kak-rossii-vypustit-bolshe-sputnika-v/a-56408346

[2] https://tass.ru/obschestvo/10614419

[3] https://www.interfax.ru/russia/745091

[4] https://ria.ru/20210112/vaktsina-1592723037.html

Fotoquelle: www.34.ua

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