Neue Regeln zu Sachverständigen im Prozess

Recht Russland

Mit Beschluss Nr. 23 vom 4.04.2014 hat das Plenum des Obersten Arbitragegerichts RF seine Erläuterungen zu Fragen der gerichtlichen Rechtspraxis in Bezug auf die Vorschriften über den Beweis durch Sachverständige veröffentlicht.

Das Plenum hat u.a. auf Folgendes hingewiesen:

- Gutachten können sowohl von nichtstaatlichen als auch von staatlichen Sachverständigenorganisationen durchgeführt werden. Das Prozessgericht kann ferner Fachleute hinzuziehen, die keine Mitglieder der Sachverständigenorganisationen sind.

- Das Prozessgericht kann die Begutachtung durch Sachverständige nur auf Antrag einer Partei oder mit Einverständnis der Parteien anordnen. Für die Anordnung der Begutachtung durch das Gericht von Amts wegen ist eine einsprechende Regelung im Gesetz oder im Vertrag zwischen den Parteien erforderlich. Das Gericht muss den Parteien auf die Folgen der Nichtdurchführung der Beweiserhebung hinweisen, insbesondere auf die Beweislastregelungen, wonach die beweisbelastete Partei im Fall einer Nichterweislichkeit die Nachteile zu tragen hat.  

- Die Antragstellung kann in der ersten oder zweiten Instanz bis zum Schluss der Beweisaufnahme erfolgen. Falls kein Antrag auf eine Begutachtung gestellt wurde und sie nicht von Amts wegen anzuordnen ist, bedarf das Gericht eines Einverständnisses der Parteien zur Anordnung der Begutachtung. Das Einverständnis einer Partei ist in diesem Fall ausreichend. Diese Partei soll einen hinreichenden Vorschuss zur Deckung der Sachverständigenauslagen auf das Gerichtskonto zahlen. Wenn mehrer Personen mit der Anordnung der Begutachtung einverstanden sind, wird der Vorschuss von allen zu gleichen Teilen eingezahlt.

- Fragen der Begutachtung werden vom Prozessgericht bestimmt. Bei der Auswahl der Fragen soll das Gericht davon ausgehen, dass Rechtsfragen kein Gegenstand der Begutachtung sein können. Ausgenommen von diesem Verbot sind Fragen zu ausländischem Recht.

- Das Prozessgericht gewährleistet dem Sachverständigen den Zugang zu dem begutachteten Objekt. Personen, bei denen sich die Begutachtungsobjekte befinden und die die Vorlage dieser Objekte verweigern, können durch das Gericht zur Vorlage der Objekte gezwungen werden. Weigert sich eine Person, Objekte für die Begutachtung vorzulegen oder den Zugang zu ihnen zu gewährleisten, kann das Gericht gegen diese Person ein Ordnungsgeld festsetzen. (Die noch im Entwurf dieses Beschlusses vorgesehene Regelung, wonach die festzustellende Tatsache zuungunsten dieser Person als bewiesen bzw. nicht bewiesen gelten soll, konnte sich nicht durchsetzen.)  

- Das Prozessgericht hat den Parteien auf deren Antrag die Teilnahme an der Begutachtung zu gestatten, falls die Teilnahme die Arbeit des Sachverständigen nicht stören wird.

- Das Gutachten hat für das Gericht keine vorgegebene Beweiskraft und muss zusammen mit den anderen Beweisen ausgewertet werden. Nach der Auswertung des Gutachtens muss das Gericht die Annahme bzw. Nichtannahme der Begutachtungsergebnisse als Beweise begründen.

- Nicht als Sachverständigengutachten können anerkannt werden Gutachten, welche außerhalb eines Gerichtsverfahrens oder im Rahmen eines anderen Gerichtsverfahren erstellt wurden. Dieses "Partei"gutachten bewertet das Gericht wie ein anderes Dokument, das als Beweis im Verfahren zugelassen wird.

- Bei der Anordnung der Begutachtung auf Antrag oder mit Einverständnis einer Partei kann die staatliche Sachverständigenorganisation die Erstattung ihrer Auslagen von dieser Partei verlangen. Diese Auslagen sind nicht zu erstatten, falls die Anordnung auf Initiative des Gerichts erfolgte. Falls eine nicht staatliche Sachverständigenorganisation oder andere Fachleute zur Begutachtung auf Initiative des Gerichts beauftragt wurden, sind ihre Auslagen durch die Staatskasse zu erstatten.

- Falls ein Vorschuss zur Deckung der Sachverständigengutachten nicht gezahlt wird, lehnt das Gericht den Antrag auf Begutachtung ab und entscheidet im Prozess unter Berücksichtigung der anderen Beweise.

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