Kasachstan: Straf-und Strafprozessrecht novelliert
Am 1.1.2015 sind in Kasachstan das neue Straf- sowie Strafprozessgesetzbuch in Kraft getreten.
Strafgesetzbuch:
Im neuen StGB wurde die Strafbarkeit wegen Korruptionsstraftaten verschärft. Es ist u.a. das lebenslange Verbot zur Ausführung bestimmter Ämter (staatliche Ämter, Führungspositionen in staatlichen Unternehmen oder in Unternehmen mit der staatlichen Beteiligung von über 50 %) vorgesehen, wobei der Entzug der Amtsfähigkeit obligatorisch ist.
Bei der Verurteilung wegen Korruptionsstraftaten zu Freiheitsstrafe kann das Gericht die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung aussetzen. Neben der Freiheitsstrafe kann der Täter zu einer Geldstraße in Höhe eines Mehrfachen des Bestechungsbetrages verurteilt werden. Korruptionsstraftaten werden nicht verjährt.
Es wurden neue Tatbestände eingeführt: Gründung und Verwaltung von Finanzpyramiden, unerlaubte Veranstaltung eines Glückspiels, Rechnungserstellung ohne Leistungserbringung, Vertrieb gefälschter Medikamente, Klonierung.
Mit dem neuen Gesetz wurde die Einteilung der Straftaten in Verbrechen und Vergehen eingeführt. Vergehen sind rechtswidrige Taten, die keine große öffentliche Gefahr darstellen und nur einen nicht erheblichen Schaden verursachten sowie die nicht mit einer Freiheitsstrafe bedroht sind.
Die meisten Wirtschaftsstraftaten sind als Vergehen eingestuft, so dass die Täter nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden.
Strafprozessgesetzbuch
In das Strafprozessgesetzbuch wurde ein neuer Begriff eingeführt – Zeuge mit dem Recht auf Verteidigung. Dieser ist eine Person, gegen die eine Strafanzeige erstatten wurde. Sie enthält jedoch wegen Mangel ausreichender Beweise noch keinen Beschuldigtenstatus. Der Zeuge kann einen Verteidiger bestellen. Dem Zeuge wurde außerdem ein Recht zur Verweigerung von Aussagen eingeräumt, die ihm oder seinem Ehegatten die Gefahr zuziehen, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
Es wurde ein neues Institut – Ermittlungsrichter – eingeführt. Die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters entspricht in Wesentlichen der des deutschen.
Die Aufsicht über das Strafverfahren von der Einleitung bis zum Urteilerlass übernimmt der Prozessstaatsanwalt. Er tritt außerdem in der Hauptverhandlung der ersten Instanz als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auf.
Im neuen Strafprozessgesetzbuch ist die so genannte Miranda-Regel vorgesehen. Danach müssen Verdächtige in Strafsachen bei der Festnahme auf ihre Rechte hingewiesen werden. Der Verdächtige kann bis zu einer Dauer von 3 Stunden zur Prüfung seiner Beteiligung an einer Straftat vorläufig festgenommen werden.
Der Ermittlungsrichter kann dem Beschuldigten (Angeklagten) verbieten, sich an Verletzte der Tat, bestimmte Zeuge und andere Verfahrensbeteiligte zu nähern, mit ihnen zu kommunizieren.
Im neuen Strafprozessgesetzbuch wurde das Institut der Rückverweisung der Akte aus dem Gericht an die Ermittlungsbehörde zur Nachermittlung abgeschafft. Der Richter muss in der Hauptverhandlung ein Strafurteil bzw. einen Freispruch erlassen.
Im neuen Strafprozessgesetzbuch wurde ferner die Verständigung im Strafverfahren erstmals gesetzlich geregelt. Die Absprache erfolgt zwischen dem Beschuldigten (Angeklagten) und dem Leitenden Oberstaatsanwalt. Sie kann über ein Geständnis oder über eine Kooperation des Beschuldigten (Angeklagten) mit den Ermittlungsbehörden erfolgen.
Quellen: Strafgesetzbuch der Republik Kasachstan vom 3.7.2014 Nr. 226-V
Strafprozessgesetzbuch der Republik Kasachstan vom 4.7.2014 Nr. 231-V
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