Der EuGH zum Umgang mit der Blocking-VO

Recht

In seinem Urteil in der Rechtssache Bank Melli Iran gegen Deutsche Telekom[1] hat der Europäische Gerichtshof zu dem Problem Stellung genommen, das international agierende Unternehmen, die einerseits auf dem U.S.-amerikanischen Markt aktiv sind, anderseits aber Handel treiben mit Unternehmen die U.S-amerikanischen Sanktionen unterfallen, nicht aber europäischen, sich in einer Zwickmühle befinden. Während U.S.-amerikanische Sanktionen regelmäßig mit einer extraterritorialen Wirkung ausgestattet sind, verbietet es Art. 5  EU-Verordnung 2271/96 vom 22.11.1996 den Unternehmen, derartigen Sanktionsdrohungen nachzukommen.[2] In dem vor dem OLG-Hamburg verhandelten Fall klagte die staatliche iranische Bank Melli gegen die Deutsche Telekom.  Diese hatte ohne Angabe weiterer Gründe sämtliche mit der Melli Bank geschlossenen Verträge gekündigt, 11 Tage nachdem diese Bank vom U.S.-amerikanischen Office of Foreign Assets Control in die Sanktionsliste mit aufgenommen worden war. Die Melli Bank hielt diese Kündigung mit Blick auf die EU-Blocking VO für unwirksam und das OLG-Hamburg hat dem EuGH die Frage der Auslegung des Art 5 VO 2271/96 zur Vorabentscheidung vorgelegt.

In seinem Urteil legt der EuGH die genannten VO zunächst in einem weiten Sinn aus. Sie sei auch dann einschlägig, wenn seitens der Verwaltungsbehörden der Länder keine konkreten Weisungen vorliegen, sondern das Unternehmen von sich aus die Geschäftsbeziehungen einstellt. Weiter stellt das Gericht fest, dass nicht die Kündigung einer Geschäftsbeziehung an sich ausgeschlossen sei, sondern lediglich die Berufung auf die Sanktionsdrohung eines Drittstaates als Kündigungsgrund. Beweisbelastet sei insofern die Partei, die sich aus diesen Unwirksamkeitsgrund beruft. Von ihr könne aber lediglich verlangt werde, dass sie einen solchen Verstoß substantiiert behauptet. Soweit dieses geschieht müsse die andere Partei dartun, dass die Kündigung der Geschäftsbeziehung auf anderen Gründen als der Sanktionsdrohung beruhe. Schließlich eröffnet der EuGH den betroffenen Unternehmen noch einen Ausweg insoweit, als er ihnen die Einrede eröffnet, eine Befolgung der Blocking-VO würde im konkreten Fall zu Nachteilen für das Unternehmen führen, die im Hinblick auf die mit der Blocking-VO verfolgten Ziele unverhältnismäßig seien.

[1] EuGH Urteil vom 24.12.2021 C-124/20, IWRZ 2022, S. 75

[2] Verordnung (EG) Nr. 2271/96 des Rates vom 22. November 1996 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen

 

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