Besitzt der gegenwärtige Konflikt mit Russland eine kulturelle Dimension?
Besitzt der gegenwärtige Konflikt zwischen dem Westen und Russland eine kulturelle Dimension? Darauf deutet tatsächlich einiges hin. Denn bereits längere Zeit vor Beginn der Ukrainekrise häuften sich Meinungsverschiedenheiten zu kulturellen Fragen. Sowohl die Auseinandersetzung um die Punk Band „Pussy Riot“ als auch die Berichterstattung über die Rechte von Homosexuellen im Vorfeld der Olympischen Spiele in Sotschi waren entscheidende Stufen eines wachsenden gegenseitigen Unverständnisses. In beiden Fällen kristallisierte sich der Streit um die in den letzten Jahrzehnten im Westen entstandene Pop- und Lifestylekultur. Aus ihr ist eine ganze Reihe von neuen Werten hervorgegangen, wie z.B. spezielle Rechte für sexuelle Minderheiten.
Von westlicher Seite wird diesen neuen Rechten die gleiche Bedeutung beigemessen wie den klassischen, aus der Französischen Revolution hervorgegangenen Menschenrechten. In Moskau betrachtet man dagegen das Vorhaben, diese Kultur und ihre Werte nun auch in Russland zu verbreiten, mit Skepsis. Je mehr Vertreter der EU Moskau drängten, es möge doch die europäische Gesetzgebung zur Homosexualität übernehmen, desto mehr bewegten sich russische Politiker in die entgegengesetzte Richtung. Was verbirgt sich hinter diesem Streit? Wie ernst ist er? Und wie könnte er überwunden werden?