Aktuelle Besonderheiten des Schutzes von Markenrechten in Russland

Recht Russland

Alexey Fedoryaka, Rödl & Partner, Russland

Seit Mai 2022 ist der Parallelimport von Waren, die in einem durch das Ministerium für Industrie und Handel der Russischen Föderation (im Folgenden „Industrieministerium“) bestätigten Verzeichnis aufgeführt sind, in Russland erlaubt. Das bedeutet, dass nun keine Zustimmung des Inhabers der auf der Ware platzierten Marke für die Einfuhr der in der Liste aufgeführten Originalwaren nach Russland mehr erforderlich ist. Die Legalisierung des Parallelimports in Russland dient dazu, das akute Defizit von ausländischen Waren auf dem russischen Markt zu beseitigen.

Wie haben sich die Bedingungen des Schutzes der Rechte von Markeninhabern verändert, deren Waren und Marken in das Verzeichnis der Waren für den Parallelimport aufgenommen wurden?

Erstens erfolgte früher der Import von Waren unter ausländischen Marken nach Russland in vielen Fällen zentralisiert (oft durch eine Tochtergesellschaft des ausländischen Herstellers oder bevollmächtigte Händler). Jetzt hat eine unbegrenzte Anzahl von Importeuren die Möglichkeit erhalten, Originalwaren ohne Zustimmung des Rechteinhabers legal einzuführen. Infolgedessen ist es jetzt viel schwieriger, die nach Russland eingeführten Erzeugnisse zu kontrollieren.

Bis Mai 2022 ermöglichte die Aufnahme von Marken in das Zollregister für Objekte Geistigen Eigentums (TROIS) Markeninhabern, eine nicht abgestimmte Einfuhr ihrer Waren nach Russland effektiv zu verfolgen und zu sperren sowie die Rechtsverletzer zu belangen. Zurzeit stellt der Parallelimport von Originalwaren aus der Liste vom Industrieministerium keine Verletzung von ausschließlichen Rechten dar, und die Zollbehörden sind berechtigt, die Rechtsinhaber nicht über Fälle der Einfuhr solcher Waren zu informieren.

Zweitens haben die Dezentralisierung des Imports und die Einschränkung von Möglichkeiten zur Kontrolle der Einfuhr der Waren unter ausländischen Marken im Rahmen des TROIS das Risiko der Entstehung von nachgeahmten Waren auf dem russischen Markt erheblich erhöht. Es ist zu betonen, dass der Parallelimport nur die Einfuhr von Originalwaren erlaubt und nicht die Nachahmung (Fälschung) legalisiert. Unter den Bedingungen des Parallelimports ist jedoch ein Anstieg des Umfangs nachgeahmter Waren fast unvermeidlich.

Zur Bekämpfung der Einfuhr von nachgeahmten Waren im Zusammenhang mit der Legalisierung des Parallelimports in Russland ist es für Rechteinhaber empfehlenswert, zusätzliche ausführliche Informationen über die nachgeahmten Waren ins TROIS einzubringen. Das System TROIS gewährt Markeninhabern die Möglichkeit, das Erscheinungsbild von Fälschungen, Unterschiede von den Originalwaren, Besonderheiten der Verpackung und andere Fälschungsmerkmale detailliert zu beschreiben, wodurch die Zollbehörden nachgeahmte Waren identifizieren und den unredlichen Importeur belangen können.

Drittens war es früher ausreichend zu begründen, dass der Markeninhaber einem „grauen“ Importeur keine Zustimmung zur Einfuhr seiner Erzeugnisse gegeben hat, um diesen Importeur zu belangen. Nun muss der Markeninhaber dokumentieren, dass die unter den Bedingungen des Parallelimports eingeführten Waren Nachahmungen (Fälschungen) sind.

Somit ist der Schutz der Rechte und gesetzlichen Interessen von Markeninhabern nach der Legalisierung des Parallelimports erheblich erschwert. Jedoch haben die Markeninhaber unter diesen Bedingungen immer noch die Möglichkeit, die Rechtsverletzer, die nachgeahmte Waren importieren, zu identifizieren und zu belangen.

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