Ukraine: Änderung der Verfassungsvorschriften zur Justiz

Osteuropa Recht

Durch das Gesetz Nr. 1401-VIII vom 2.2.2016, verkündet am 2.6.2016, werden der Abschnitt VIII der Verfassung über die Rechtsprechung, und der Abschnitt XII über das Verfassungsgericht einer umfassenden Revision unterzogen.

Ziel der Verfassungsänderung ist in erster Linie die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Richter. Von zentraler Bedeutung ist insoweit der neue Art. 126 Verfassung. Dort ist niedergelegt, dass Richter nur mit Zustimmung des Obersten Justizrates an der Ausübung ihres Amtes gehindert werden können, es sei denn, sie werden bei der Begehung einer schweren oder besonders schweren Tat festgenommen. Wegen einer richterlichen Entscheidung kann er nur in Verbindung mit einer Straftat oder einem Disziplinarvergehen belangt werden.      

Die Finanzierung wird dadurch gesichert, dass das Budget für die Gerichte einzeln im Haushalt auszuweisen ist, Art. 130 Verfassung. Zentrales Selbstverwaltungsorgan der Justiz wird der Oberste Justizrat, der sich aus 21 Mitgliedern zusammensetzt und in Fragen der Ernennung, Beförderung, Verhängung von Disziplinarstrafen und Entlassung zu entschiedne hat. 10 der 21 Mitglieder werden vom Richterverband gewählt, je 2 vom Präsidenten, dem Parlament, dem Verband der Rechtsanwälte, der Staatsanwälte und der Vertretung der juristischen Ausbildungseinrichtungen.        

Weitere Neuerungen sind, dass die Rolle der Staatsanwaltschaft auf die Erhebung der Anklage, die vorgerichtliche Ermittlung und die Vertretung der Interessen des States in den gesetzlich bestimmten Fällen beschränkt wird, Art. 131-1 Verfassung. Der Status der Rechtsanwaltschaft wird verfassungsrechtlich abgesichert, Art. 131-2 Verfassung, und die Verfassungsbeschwerde wird gerichtlich verankert, Art. 151-1 Verfassung.

Erarbeitet worden war die Novelle in Zusammenarbeit mit der Venedig-Kommission. Diese hatte letztmalig zu den Entwürfen in einem Gutachten vom 21.Dezember 2015 überwiegend positiv Stellung genommen (Opinion 803/2015, CDL-AD(2015)043) und war zu dem Ergebnis gekommen, dass alle bis auf ein Vorschlag übernommen worden war. Meinungsverschiedenheit herrschte bei der Frage, mit welcher Mehrheit das Parlament Richter in das Oberste Gericht und das Verfassungsgericht wählen soll. Entgegen dem Rat der Kommission wurde insoweit keine Festlegung in der Verfassung aufgenommen.      

Fotoquelle: www.lenta.ua.net

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