Tagung der Fachgruppe Recht der DGO: Law and Revolution: Continuity of Legal Development in Central and Eastern Europe

Osteuropa Recht Russland

Am 9. und 10.November 2018 hat in Köln die Tagung der Fachgruppe Recht der DGO : Law and Revolution: Continuity of Legal Development in Central and Eastern Europe stattgefunden.

Die Fachgruppe Recht innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) organisiert regelmäßig Tagungen zu aktuellen rechtlichen und rechtspolitischen Themen aus dem osteuropäischen Raum. Ihre Markenzeichen sind dabei die Interdisziplinarität und die Internationalität. So kamen in diesem Jahr in Köln Juristen, Historiker und Soziologen aus Deutschland, Polen, Russland und Ungarn zusammen, um Fragen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umbrüche aus den verschiedensten Perspektiven zu diskutieren. Das erste Panel war einem Rückblick auf die russische Revolution gewidmet und der Frage wie weit das Konzepts des Rechtsstaates im zaristischen Russland bis zum Jahr 1917 bereits gediehen war, insbesondere nach den Ereignissen des Jahres 1905, und welche Veränderungen hier durch die Machtergreifung der Bolschewiken eintraten. Das zweite Panel hatte den grundlegenden Wandel in der Sowjetunion des Jahres 1991 zum Gegenstand und ging zudem der Frage nach, ob die Verfassung der Russischen Föderation von 1993 ihre Wurzeln auch in den Gedanken der russischen Samisdat- Autoren hat. Im dritten Panel des ersten Tages haben die Autoren am Beispiel des Rechts der juristischen Personen ausgehend von den Zeiten der Sowjetunion über die Entwicklung in den Zivilgesetzbüchern nach der Auflösung der Sowjetunion bis hin zu den in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisierten Staatsunternehmen die Entwicklung des Gesellschaftsrechts beschrieben und dabei die Brüche und Kontinuitäten auf diesem Feld nachgezeichnet. Der erste Tag endete mit einer Paneldiskussion zur Bedeutung der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, an der auch zwei Richter des Gerichtshofes teilnahmen, Prof. Angelika Nußberger und Prof. Lado Chanturia. Herausgearbeitet wurde zum einen der ‚revolutionäre‘ Aspekt der Schaffung einer supranationalen Institution, der die Befugnis übertragen wurde, die Rechte der Bürger gegenüber ihren eigenen Staaten zu schützen. Zur Sprache kam zum anderen aber auch die schleichende Ausdehnung der Kompetenz des EuGMR durch Erstreckung der Verpflichtungen aus der Konvention auf extraterritoriale Sachverhalte. Letzteres hat zu dem bekannten Konflikt mit der russischen Föderation geführt, dessen Konsequenzen ebenfalls Gegenstand der Diskussion waren.         

Der zweite Tag war ausschließlich der Entwicklung in Ungarn und Polen gewidmet. Namhafte Wissenschaftler beider Länder haben hier die Entwicklung nachgezeichnet und Versuche einer Erklärung unternommen. Erwähnung fanden hier in erster Linie die nur jeweils kurzfristigen Erfahrungen mit demokratischen Verhaltensweisen, das Fehlen einer Mittelklasse und die Enttäuschung über die Geschwindigkeit der Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West. In beiden Fällen wurden die Regime als semi-autoritär beschrieben mit Gemeinsamkeiten, etwa bei den Techniken des Beschneidens rechtsstaatlicher Prinzipien, aber auch Unterschieden, etwa im Hinblick auf das Maß der Pressefreiheit und den Rückgriff auf eine ideologische Begründung der ‚Gegenrevolution‘. Nicht unerwähnt blieben Fälle der Bereicherung, insbesondere in Ungarn, die der eigenen Rhetorik des Kampfes gegen die Korruption zuwider laufen.

Diskutiert wurden darüber hinaus die Einwirkungsmöglichkeiten der EU, an erster Stelle die Anwendung des Mechanismus nach Art. 7 AEUV und die Möglichkeit der Einhaltung von EU-Mittel unter Hinweise auf unzulängliche gerichtliche Kontrolle. Für Polen beschrieben die Vortragenden zwar einerseits die durch Missachtung des Rechts entstandene verworrene Rechtslage, gaben andererseits aber ihrer Hoffnung auf ein sich daraus entwickelndes Verfassungsbewusstsein ihren Ausdruck.          

Insgesamt eine gelungene Veranstaltung, deren Beiträge in einem Sammelband veröffentlicht werden sollen.

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