Präsidentenwahl in Moldawien

Kaukasus & Zentralasien Politik

Am 13.11.2016 hat der Sozialist Igor Dodon (prorussisch) die Stichwahl um das Präsidentenamt in der Ex-sowjetischen Republik Moldawien gewonnen. Für Dodon haben 52,18 %, für die zweite Kandidatin Maia Sandu (prowestlich) 47,82 % der Wähler abgestimmt. Dodon bleibt im Amt 4 Jahre lang.

Der erste Wahlgang fand am 30. Oktober 2016 statt (Igor Dodon erhielt 48,23 % und Maia Sandu  38,42 % der Stimmen). Die Bürger konnten ihren Präsidenten erstmals seit 1997 direkt wählen. In den vergangenen Jahren entschied über das Präsidentenamt das Parlament mit einer 2/3 Mehrheit.

Die entsprechenden Ergebnisse zeigte eine vor den Wahlen veröffentlichte Umfrage, wonach 38 % der Befragten für den EU-Beitritt und 52 % für den Beitritt in die Eurasische Union votiert haben.

Noch 2009, als die prowestlichen Parteien an die Macht kamen, waren 70 % der Bevölkerung für die EU-Annäherung. Nach 7 Jahren haben viele ihre Meinung geändert. Gründe dafür seien nach Einschätzung der Experten insbesondere die andauernde Korruption, deren Höhepunkt die Unterschlagung von einer Milliarden US-Dollar (fast 1/3 aller moldawischer Reserven) gewesen ist, sowie die faktische Übernahme der Kontrolle über das Land durch den Oligarchen Vladimir Plachotnjuk gewesen. Plachotnjuk ist erfolgreicher Unternehmer, Abgeordneter, er besitzt 4 nationale TV-Sender.

Maia Sandu hatte sich im Wahlkampf dafür ausgesprochen, die Annäherung an den Westen fortzusetzen. Sie hatte vor den Wahlen die ausdrückliche Unterstützung der europäischen Politiker erster Reihe wie Angela Merkel, Donald Tusk, Jean-Claude Junker erhalten.

Igor Dodon gilt als russlandfreundlich. Sein Programm enthält vor allem die folgende Punkte: die strategische Partnerschaft und Annäherung an Russland, die Föderalisierung Moldawiens (dies sollte den Konflikt um die abtrünnige Region Transnistrien lösen), die Umkehrung der Annäherung an die EU und der Verzicht auf die in den letzten 7 Jahren durchgeführten Reformen (u.a. Aufhebung des Assoziierungsabkommen mit der EU durch eine Volksbefragung) sowie die Bekämpfung von Oligarchen.

Nach Meinung der Experten werde es für Dodon schwer sein, dies umzusetzen. Zum einen bleibe die Republik parlamentarisch und ohne Unterstützung des Parlaments sei es schwer etwas sowohl innen- als auch außenpolitisch zu erreichen. Deswegen habe nun die Frage der vorgezogenen Parlamentswahlen Priorität. Dies würde allerdings wiederum eine Reihe neuer politischer Konflikte zur Folge haben, die nicht zur Stabilität im Land beitragen. Zum anderen sei die Bindung an Europa, die Abhängigkeit Moldawiens von der EU und Rumänien sehr stark.

Dodon hat bereits angekündigt, als Präsident zuerst Moskau zu besuchen. Es werden wahrscheinlich drei Themen diskutiert, die für Moldawien Priorität haben.

Zum einen sei das die Roadmap zwischen Moskau und Kischinau. Moldawien möchte die Aufhebung der russischen Sanktionen und Eröffnung des russischen Marktes für die moldawischen Waren erreichen. Allerdings habe Moldawien selbst die EU-Sanktionen gegen Russland unterstützt. Zum zweiten sei das die Gasversorgung Moldawiens. Moldawien habe Schulden für die Gaslieferungen. Das dritte Thema sei der Konflikt um die abtrünnige Provinz Transnistrien.

Die Lage in Moldawien ist zurzeit insgesamt angespannt. Das Land leidet am Oligarchentum, an Korruption und großer Armut. Moldawien ist seit Jahren in einer politischen Krise. Das Verschwinden von einer Milliarden Dollar aus moldawischen Banken führte 2014 zu Massenprotesten. Es hat zwar ein Gerichtsverfahren stattgefunden, verhaftet und verurteilt dafür wurde jedoch nur der damalige Regierungschef Vladimir Filat.

Ähnlich wie in der Ukraine spalten ein prorussisches und ein proeuropäisches Lager das Agrarland mit 3,5 Millionen Einwohnern. Im Juli 2014 hat die EU ein Assoziierungsabkommen mit Moldawien unterzeichnet. Russland verhängte danach ein Importverbot für landwirtschaftliche Produkte aus Moldawien, das den Agrarsektor des Landes stark betroffen hat. Dies führte zur Senkung der Produktionsherstellung und Ausfuhren sowie Schwächung der Nationalwährung. Die im Assoziierungsabkommen vorgesehene Möglichkeit, visumsfrei in die EU einzureisen, führte dazu, dass Tausende junger Moldauer nach Europa umgezogen sind und sich dort meistens illegal aufhalten. Der Konflikt um die abtrünnige Region Transnistrien ist immer noch ungelöst. Die Beziehungen mit der autonomen Region Gagausien, die für die Annäherung an Russland aktiv auftritt, ist angespannt.

Die Mehrheit der Bevölkerung möchte sowohl mit dem Westen als auch mit dem Osten zusammenarbeiten, das Recht auf die visafreie Einreise in die EU behalten und das Recht auf freien Handel mit der Eurasischen Wirtschaftsunion, insbesondere mit Russland bekommen sowie das Recht legal in Russland zu arbeiten. In Russland arbeiten nach Angaben von Experten ca. von 500 bis 700 Tausend Moldauer, fast jeder vierte. Der europäische Arbeitsmarkt blieb wenig zugänglich.

Der neue Präsident werde daher versuchen müssen, die Zusammenarbeit in beiden Richtungen zu entwickeln. Der Westen hat zumindest nichts dagegen. Der amerikanische Botschafter in Moldawien James Pettit hat auf die Entwicklung der Zusammenarbeit sowohl mit der EU als auch mit Russland hingewiesen.

Der russische Experte Ischenko meint auch, dass die Umsetzung der bei der Wahl angekündigten Pläne kaum realisierbar sei. Die langfristige politische Regulierung in Moldawien sei ohne Lösung der Transnistrien-Frage unmöglich. Die Lösung sei momentan viel schwieriger als vor 15 Jahren, als Russland einen Plan der Föderalisierung vorgeschlagen hatte. Moldawien könnte weder  auf Transnistrien verzichten (die Unabhängigkeit anerkennen) noch diese Region ins Land zu akzeptablen Bedingungen integrieren.

Die Zukunft Moldawien hänge weniger von der innenpolitischen Situation ab, sondern von den Ergebnissen der Konfrontation zwischen Russland und den USA. Dodon werde sich zwar als prorussisch deklarieren. Die realen Handlungen werden jedoch darauf gerichtet sein, Dividenden von allen geopolitischen Spielern zu bekommen, mit minimalen Verlusten abzuwarten, wer in dieser Konfrontation gewinnt, und sich an den Gewinner anzuschließen. Die allgemeine Situation lasse der moldawischen Führung keine andere Wahl.

Eine Integration Moldawiens in die EU bzw. Rumänien (die regierende Koalition stellte es einmal als Ziel, Moldawien an Rumänien anzuschließen, was allerdings keine Unterstützung in der Bevölkerung fand) sei unwahrscheinlich. Eine wirtschaftliche Verbesserung im Land sei auch nicht zu erwarten, selbst wenn sich die russisch-moldawischen Beziehungen verbessert haben. Die wirtschaftlichen Probleme werden daher das Hauptthema der Staatsmacht in Moldawien. Die Verschlechterung der Wirtschaftslage sei der Grund für den Verlust der Popularität jeder Regierung gewesen, egal ob diese rechts oder links, prowestlich oder prorussisch waren.


Eigentlich haben deswegen die Präsidentenwahlen in Moldawien ohne eine seriöse Einmischung der außenpolitischen Spieler stattgefunden. Moldawien sei für diese uninteressant. Dort sei weder was Erhebliches zu gewinnen noch zu verlieren.

Quellen: www.kommersant.ru, www.ng.ru, www.gazeta.ru, www.ria.ru

Fotoquelle: www.therussiantimes.com

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