Moskaus Nuklearrätsel – Wofür ist das russische Waffenarsenal wirklich vorgesehen?

Politik Russland

Olga Oliker, Senior Adviser und Direktorin des Russland- und Eurasien-Programms am Zentrum für strategische und internationale Studien, thematisiert bei Foreign Affairs die russische Aufrüstungspolitik im Bereich der Atomwaffen und zeigt die Befürchtungen der westlichen Länder auf. Zu Beginn des Aufsatzes wird die Behauptung untersucht, ob die russische Regierung nicht ihren Einflussbereich in den ehemaligen Staaten der Sowjet Union etablieren möchte, indem sie das eigene Waffenarsenal modernisiert und aufstockt. Diese militärischen Investitionen werden durch die altmodische Konfliktbewältigungsstrategie „escalate to de-escalate“ begründet, was so viel bedeuten soll: „Der Rahmen der Normalität muss überschritten werden, um die Ruhe zu erschaffen und Konfliktpotenziale zu bewältigen.“ In diesem Zusammenhang haben viele westliche Experten Bedenken, dass die Russische Föderation als Aggressor auf der geopolitischen Landschaft auftreten könnte. Als Gegenreaktion auf die militärischen Entwicklung des russischen Vorreiters folgt die USA dieser Tendenz, der Nuklearwaffen-Modernisierung, um in einem zukünftigen, potenziellen Krieg mitwirken zu können.

Des Weiteren stellt die Verfasserin die interessante Thesis auf, dass die neue Aufrüstungspolitik des Kremls nichts besonders darstellt und keine neuartigen Gefahren in sich birgt, sondern vielmehr eine altbewährte Vorgehensweise des russischen Regierungsapparats ist. Das wirkliche Problem ist hingegen in der mangelden Fähigkeit zur Kommunikation mit den westlichen Ländern zu sehen. Aus diesem Grund können keine klaren Ziele, Vereinbarungen und Kompromisse zwischen der Russischen Föderation und den Vertretern der westlichen Welt geschlossen werden. Im Zirkelschluss des gegenseitigen Missverstehens und Missdeutens sind beide Seiten zum Aufrüsten gezwungen und ein Dialog wird immer schwieriger.

Um die Behauptung zu begründen, werden einige geschichtliche Ereignisse des nuklearen Wettrüstungswettbewerbs zwischen Russland und USA skizziert. Dabei sollte das New Start Treaty vom 8. April 2010 erwähnt werden, dass die beiden Weltmächte unterzeichnet haben. Bei diesem Pakt wurde vereinbart, dass die maximale Produktion von strategischen Sprengköpfen die Anzahl von 1550 nicht überschreiten dürfe. Nachdem die russisch-amerikanische Beziehung einen geschichtlichen Rahmen erhalten hat, stellt die Autorin zwei Situationen vor, in denen Russland den Einsatz von Atomwaffen rechtfertigen würde. Zum einen als Gegenreaktion auf einen möglichen Einsatz von Massenvernichtungswaffen inklusive Nuklearsprengköpfe, zum anderen in Angesicht einer offensiven Bedrohung gegen die Existenz der Russischen Föderation. Um das Ganze abzurunden wird die Frage aufgeworfen, ob die Aufrüstung Russlands nicht ein einfaches Einschüchterungsmanöver ist, um die Kontrahenten im Zaun zu halten. Sodass die Gegenspieler zum mehrfachen Nachdenken gezwungen sind, bevor sie militärische Handlungen gegen die russische Regierung vornehmen würden.

Abschließend hebt die Autorin hervor, dass der Konflikt zwischen Russland und den Mächsten des Abendlandes nicht durch die Aufstockung der nuklearen Ressourcen gelöst werden kann, weil dadurch nur das „Nukleare Fass zur Explosion“ gebracht wird. Vielmehr sollte ein Dialog angestrebt werden, indem die Differenzen, Diskrepanzen und Dissense ausgesprochen werden würden. Um nach einer konstruktiven und föderlichen Diskussion gemeinsame Ziele für eine würdevolle Zukunft auszuformulieren und zu verwirklichen.

Quelle: Foreign Affairs November/December 2018

Fotoquelle: www.112.ua

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